Mag. Iris-Sabine Bergmann, Leiterin Personalrecruiting & Organisations- entwicklung der BAWAG P.S.K.
Interview mit Fr. Mag. Iris-Sabine Bergmann, Leiterin Personalrecruiting & Organisationsentwicklung der BAWAG P.S.K. In 8 Jahren BAWAG P.S.K. konnte sie weitreichendes Wissen über die Branche und das Unternehmen aufbauen mit Erfahrungen im Vertrieb, in der Filiale sowie im Corporate Finance Bereich in der Zentrale und im Personalbereich. Frau Bergmann leitet seit zwei Jahren die Recruiting & Organisationsentwicklungssagenden der BAWAG P.S.K.
Woran liegen Ihrer Meinung nach die Ursachen für den viel zitierten Gender Gap im wirtschaftlichen Bereich (geringere Erwerbstätigkeit der Frauen, Gehaltsunterschiede, wenige Frauen in Führungspositionen etc.)?
Das ist ein Zusammenspiel von drei Dingen: Erstens, Frauen trauen sich selbst Positionen mit Verantwortung tendenziell weniger zu. Wir erleben es hier im Personalbereich, dass Frauen eher ermutigt werden müssen. Zweitens, Familienplanung ist ein wichtiges Kriterium bei Karriereentscheidungen der Frau. Und hier machen es die Rahmendbedingungen schwer, Stichwort immer noch mangelhaft verfügbare Kinderbetreuung. Und drittens haben Frauen von sich aus nicht diesen Karriereantrieb wie Männer, Frauen identifizieren sich nicht so mit ihrer beruflichen Entwicklung wie Männer. Viele fragen sich ob der zusätzliche Stress es tatsächlich wert ist.
Muss eine Frau in der gleichen Position mehr leisten als ein Mann um anerkannt zu werden?
Eine Frau muss nicht mehr leisten, aber in einer männerdominierten Welt sensibler handeln und vorsichtiger agieren um nicht in die falsche Schublade gesteckt zu werden. Eine Frau, die nach Karriere strebt, wird schnell als egoistisch bezeichnet oder es wird ihr Ellbogentechnik nachgesagt.
Sind Maßnahmen notwendig um Frauen im Berufsleben zu fördern und wenn ja, welche wären Ihrer Meinung nach am zielführendsten?
Ja, Maßnahmen sind notwendig und das oberste Ziel sollte eine gute Durchmischung eines Unternehmens sein. Studien belegen, dass eine Ausgewogenheit von Geschlecht, Alter und Internationalität Unternehmen profitabler macht. Wir haben letztes Jahr mit dem Betriebsrat einen Frauenförderplan erstellt, der die Gleichstellung von Männern und Frauen sicherstellen soll. Hier gab es viele Ideen. Bewusstseinsbildung unter den Führungskräften wird bereits gelebt und ist mittlerweile in vielen Seminaren Teil des Inhaltes. Unser aller Aufgabe ist es auf ein ausgewogenes Verhältnis bei Einstellungen, Gehältern, etc. zu achten. Es passiert ein Umdenken und es ist schön eine Entwicklung zu sehen.
Wie hoch ist der Frauenanteil in der BAWAG P.S.K.? Und wie hoch in Führungspositionen?
Der Frauenanteil liegt bei 56%, der Anteil der Männer bei 44%. Davon sind lediglich 26% der Frauen in Führungsfunktionen.
Frauen sind heute genauso gut und besser ausgebildet wie Männer, doch in Führungspositionen sind sie noch immer rar – woran liegt das?
Die Entscheider sind immer noch Männer, die sich eher Männer ins Team holen. Eine Veränderung müsste von oben stärker gelebt werden, da es schwierig ist in alle Ebenen vorzudringen. Frauen in Führungs- und Vorstandspositionen sollten normal sein, aber es ist noch nicht so.
Glauben Sie können Teilzeitbeschäftigte Managementpositionen ausführen?
Es kann funktionieren, weil man heute mit den verschiedensten Medien überall erreichbar sein kann. Allerdings wage ich es zu bezweifeln, dass man mit einem 25-Stunden Job eine Abteilung oder eine Filiale leiten kann. Es könnte funktionieren, wenn man 25 Stunden anwesend ist und darüber hinaus auf jeden Fall mobil erreichbar ist. Es kann möglich sein, aber es setzt Flexibilität von einem selbst, dem Team und den Kollegen voraus.
Bei der BAWAG P.S.K. gibt es die Idee eine Filialleitung mit zwei Halbtagskräften zu besetzten. Wir haben gesehen, dass sich Frauen für diese Position nicht bewerben und wir hätten gerne mehr Frauen in Filialleitungen.
Die Work-Life-Balance ist speziell für viele junge ArbeitnehmerInnen sehr wichtig, wie aktuelle Studien zeigen. Muss man im 21. Jahrhundert immer erreichbar sein, um erfolgreich zu sein?
Es ist ein gesellschaftliches Thema, jeder verlangt es von uns und man verlangt es ja auch selbst. Ich glaube nicht, dass es unbedingt erforderlich ist um erfolgreich zu sein. Durch ein Umdenken von uns allen kann man auch erfolgreich sein, wenn die Erwartungshaltung von allen heruntergeschraubt wird. Die Notwendigkeit der Schnelllebigkeit ist zu hinterfragen.
Wie unterscheiden sich die Ansprüche und Anforderungen der Frauen an Leistung und Vereinbarkeit im Vergleich mit Männern?
Bei der jüngeren Generation stelle ich keinen Unterschied mehr fest. Über die Generation Y liegt uns eine aktuelle Studie vor, dass der Anspruch an Work Life Balance geschlechterunabhängig ist. Beide Partner wollen sich um die Kinder kümmern, beide zu Hause bleiben und für die Familie da sein. Bei den anderen Generationen habe ich den Eindruck, dass Frauen ein größeres Bedürfnis nach Vereinbarkeit haben. Frauen wollen die Zeit für Familie und Kinder nutzen. Männer tendieren vielleicht eher dazu diese Zeit für sich zu nutzen.
Bietet die BAWAG P.S.K. Kinderbetreuungsplätze bzw. Unterstützung bei Kinderbetreuung an?
Wir haben zwei Kindergruppen an zentralen Standorten, die sehr intensiv genutzt werden. Wir haben sehr gutes Feedback der Eltern über die Qualität der Betreuung.
Nimmt die BAWAG P.S.K. an Zertifizierungen als Top-Arbeitgeber oder als „Familienfreundliches Unternehmen“ teil und wenn ja, an welchen?
Wir sind gerade dabei das Audit „Beruf und Familie“ abzuschließen. Die BAWAG P.S.K. war mitunter Erstunterzeichner der „Charter der Vielfalt“. Wir haben den Förderplan für Frauen zur Gleichstellung von Frauen und Männern, wo wir Maßnahmen gesetzt und auch umgesetzt haben, wie z.B. ein Informationsevent für werdende Eltern zu Themen wie Rechte, Pflichten, Kinderbetreuungsmöglichkeiten etc. Jedes Quartal gibt es ein Frühstück für karenzierte Mitarbeiter, das inkludiert auch Bildungskarenz. Und einmal im Jahr gibt es ein „Welcome Back“ Event für karenzierte Mitarbeiterinnen, wo auch über rechtliche Punkte wie z.B. Elternteilzeit informiert wird. Wir bekommen hier regen Zuspruch und gutes Feedback. Hier sind wir am richtigen Weg.
Was halten Sie vom 1. Karriereportal für Frauen Frau & Karriere?
Ich finde es großartig, dass es so eine Plattform gibt, wir haben ja selbst ein Kontingent gebucht und Jobs geschalten. Ich wünsche mir, dass die Plattform weitaus präsenter wird. Für Frauen ist es schön zu wissen, dass es da eine Plattform gibt, wo sie Unternehmen finden, die Jobs posten, die sie gerne an Frauen vergeben möchten. Da fühlen sich Frauen bestimmt eher motiviert sich zu bewerben.